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Schleier_Augen

Ist ein Mafia-Mitglied im Gefängnis, sieht man seine Frau ohne Make-up oder Nagellack, nachlässig gekleidet und unfrisiert. Sähe sie elegant und gepflegt aus, wäre das ein weithin sichtbares Zeichen für ihre Untreue dem eingesperrten Mann gegenüber. Roberto Saviano schildert eindringlich in einem Artikel für die Onlineausgabe der Zeit, welchen Einfluss Mafia und ’Ndrangheta auf Ehefrauen und Verlobte haben. Fast ausnahmslos tragen die Frauen der Mafiosi Schwarz, weil oft ein Familienmitglied, Freund oder Verwandter zu betrauern ist, unter den Kleidern rote Unterwäsche, die das Blutvergießen symbolisiert.

Wenn wir über Kleiderregeln in Terrorsystemen sprechen, fallen Parallelen zum Burka-Zwang der Talibanherrschaft auf. Die Reglementierungen werden hier wie dort meist von Männern aufgestellt, betreffen oft ausnahmslos Frauen. Macht zeigt sich über ihr Aussehen. Unter Umständen passiert dies zum vermeintlichen Vorteil der Frau, indem sie über teure Kleidung den Reichtum ihres Ernährers demonstriert. Die freie Wahl der eigenen Kleidung gehört zu den Errungenschaften der Emanzipation. Dies gilt ebenfalls für das Recht, seine Cerrutti-Sonnebrille oder das Prada-Kleid selbst bezahlen zu dürfen.

Roberto Saviano über einen archaischen Verhaltenskodex, der sämtliche Lebensbereiche wie Sex, Aussehen und Alltag reglementiert: Mafia – Im Bett mit dem Tod.