Am Wochenende habe ich zum ersten Mal Kleidung auf dem Flohmarkt verkauft. Leider tragen nicht alle Duisburgerinnen meine Größe, wie ich mit Bedauern feststellen musste. Mein Versuch, reich zu werden, scheiterte an divergierenden Essgewohnheiten. Spaß hatte ich an der vielseitigen Klientel. Wir können immerhin behaupten, auf Duisburger Flohmärkten trifft sich die Welt. Da waren Osteuropäerinnen von Russland bis übers Baltikum und Polen vertreten. Roma- oder Sinti-Frauen fragten mich nach Röcken, Türkinnen kauften Oberteile in Braun- und Nude-Tönen, Afrikanerinnen griffen eher zu Mustern. Interessant, wie manche Kulturen ihre Eigenheiten haben und trotzdem hat jeder seinen individuellen Geschmack. Am wenigsten einer gemeinsamen Richtung zuordnen kann man wohl den Stil der Osteuropäerinnen. Da gab es alles – von super schick bis Jogginghose. Unsere Einnahmen investierten wir in Döner – eine typische Duisburger Spezialität.
Es gibt Produkte für Kinder und Dinge, die sich nur auf den ersten Blick an Kinder richten. Schaut man genauer hin, sind Eltern die eigentliche Klientel. Schließlich sind sie es, die im Geschäft das Portemonnaie zücken und sich eher überzeugen lassen, dass teuer gleichbedeutend mit gut ist. Diesem Credo schließt man sich anscheinend auch beim französischen Dessous-Label Jours Après Lunesan. Denn deren Werbefotos dürften kaum die Kunden im Sandkastenalter ansprechen.
Darauf sind spielende Kinder in Unterwäsche mit Attributen der erwachsenen Frau wie Perlenkette oder Makeup zu sehen. Wer in den Bildern nur das Harmlose erkennen will, dem lässt der Fotograf die Möglichkeit dazu. Doch dem, der mehr in den Darstellungen sehen möchte, bleibt leider genügend Spielraum. Es liegt im Auge des Betrachters. Und wenn ich mich auf der Website von Jours Après Lunes weiter von der Kinder- zur Damenkollektion durchklicke, sehe ich dort umgekehrt Frauen mit Kuscheltieren posieren.
Hier spielt man mit der Konstellation Kindlichkeit in Zusammenhang mit Sex Appeal – Erwachsene, denen Accessoires des Kindes und Kleine, denen Schmuck der Großen mitgegeben werden. Wo findet hier noch die scharfe Abgrenzung statt, die beide Welten voneinander trennen sollte? Mir fehlt die respektvolle Distanz, die Erwachsene vor dem Kindlichen wahren sollten. Sind die Reaktionen mancher im Netz übertrieben oder berechtigt? Sind wir heute zu empfindlich geworden und sind die Fotos tatsächlich nur harmlose Schnappschüsse spielender Kinder in knapper Kleidung? Meiner Meinung nach müsste man den Kleinen zuliebe vorsichtiger sein und auf jede Zweideutigkeit – mag sie uns auch noch so abwegig erscheinen – verzichten.
Eine spannende Diskussion zum Thema findet Ihr bei Les Mads
Er: „Wann fahren wir denn nach Hause?“ Sie: „Du, ich brauche noch ein Paar Schuhe für Mutters Geburtstag.“ Er:“Schuhe? Schuhe haben wir doch gerade in XXX gekauft.“ Sie:“Das ist sechs Jahre her.“ Er:“Ja, genau.“
Keiner betrachtete das Shoppingverhalten von Mann und Frau wie Loriot und konnte es so wunderbar widergeben. Ich werde seiner gedenken, wann immer ich in Zukunft in ein „frisches Steingrau“ schlüpfe.
Viel hat sich seit der Geburt meiner kleinen Tochter Ende Mai geändert, aber nicht alles. Und so melde ich mich zurück aus der Krabbelecke und will wieder bloggen. Das Schreiben hat mir sehr gefehlt und ich hoffe, ich finde genügend Zeit, um diesen liebgewonnen Zeitvertreib weiter zu pflegen. Das also bleibt. Und was ist anders? Nun, ich weiß jetzt, dass 56 nicht nur eine Damengröße ist und dass winzige Kleidchen in Burberrys Nova Check besser aussehen, als große. Ich brauche morgens dreimal so lange wie früher, weil ich jetzt zwei Menschen anziehen muss, wobei der Zwerg sich nie dazu äußert, ob der Velours-Strampler zu warm oder die Ringelsöckchen zu kalt sind. In den vergangenen Wochen habe ich deutlich mehr Geld für weniger Stoff ausgegeben – aber es hat mich glücklicher gemacht.
Foto: Die Söckchen meiner Kleinen, die ungewöhnlich große Füße besitzt. Und herzlichen Dank für die schicken Söckchen mit den großäugigen Fröschen an Franziska.
Foto: Lifestyle Bunny / Patricia Guzman
Über mich
Ich bin Patricia Guzman. Seit 2008 blogge ich und hab mich bereits davor den Kiosk rauf und runter geschrieben. Lifestyle Bunny ist mein privates Blog über Mode, Lifestyle-Kultur und Einrichtung. Ich liebe schöne Dinge, die ich aber nicht unbedingt selbst besitzen muss. Ich bin keine Shopping-Queen, sondern finde das bewusstem Erleben von Design spannend und hoffe, Euch dafür begeistern zu können. Herzlich Willkommen.