Hintereinander kamen am Tag der Loveparade über die Presseagenturen die Meldung des Veranstalters zum großen Erfolg und die Nachricht über die ersten Toten. So nah liegen manchmal Freude und Unglück beieinander. Zweimal bin ich in den vergangenen Tagen zur Stelle gegangen, an der ich während der Massenpanik war. Mein exakter Standpunkt ist heute abgesperrt, davor liegt eines dieser Plastikbänder mit der Aufschrift Polizeiabsperrung. Damit niemand sich der Stelle nähern kann, steht noch ein Zaun davor. Es waren nur wenige Meter von mir bis zur Treppe, wo zu diesem Zeitpunkt schon Menschen am Boden lagen. Das war mir am Tag der Loveparade nicht bewusst. Ich habe die Verletzten unten nicht sehen können, weil das Gedrängel so dicht war.
Hier in Duisburg hat ein allgemeines Zuschubsen der Schuld unter den Veranstaltern, Stadtoberen und der Polizei begonnen. Wobei ich als Bürgerin dieses Staates nicht einsehe, warum ein privater Veranstalter fast ausschließlich auf die Polizei zurückgreift, wenn er mit dem Andrang der Besucher nicht zurechtkommt. Zunächst muss der Veranstalter sich um einen privaten Sicherheitsdienst kümmern, bevor der Staat im Notfall die Aufgabe übernimmt. Warum sollten Steuergelder für Partyzwecke verwendet werden? Die Polizei muss erst eingreifen, wenn es Probleme gibt. Einlasskontrollen sind meiner Meinung nach Sache des Veranstalters.
Hier in Duisburg kämpfen wir jetzt mit einem überforderten Veranstalter, einem profilierungssüchtigen Bürgermeister und unserer Trauer um die Verstorbenen und Verletzten. Wenn wir schon nicht wissen, wem wir die faulen Eier an den Kopf werfen sollen, so gibt es wenigstens einen Ort, an dem wir unseren Gefühlen Ausdruck verleihen können. Hier sind Fotos von Blumen und Kerzen am Tunnel und an der Rampe.
Fotos: Thomas Majde / Lifestyle Bunny
Ich als Duisburgerin bin ehrlich entsetzt darüber, dass einfach nur die Verantwortlichkeiten hin und her gegeben werden und alle versuchen ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wieso kann man nicht aus Respekt vor den Angehörigen der Opfer und den Opfern selbst aufstehen und sagen, dass man als Veranstalter und Bürgermeister die Verantwortung und die Schuld für das Geschehene übernimmt? Das wäre das einzig Richtige, auch wenn es eine Verkettung von unglücklichen Zufällen ist, die das Ganze am Ende ausgelöst haben und die Schuldfrage durch die Ermittlungen letztlich vielleicht nicht geklärt werden kann. Den Grundstein für diese Katastrophe haben die gelegt, die die Loveparade geplant haben und die Akteure, die sie abgesegnet haben.
Ich bin tief betroffen über diese Kultur der Verantwortungslosigkeit.
Ja, Du hast es gut gesagt, man kann von einer regelrechten Kultur der Verantwortungslosigkeit sprechen.
Und Sauerland mit seinen Bedenken, er würde nach einem Rücktritt auch juristisch die Schuld eingestehen, ist kaum nachvollziehbar.
Nein, überhaupt nicht. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, wieso keiner sagt, dass er die Verantwortung trägt und die eigentliche Schuldfrage noch durch die Ermittlungen geklärt werden muss. Mir wird schlecht, wenn ich sehe, wie mit der Situation umgegangen wird.
Was passiert ist, ist schrecklich, aber der Umgang damit im nachhinein macht es noch schrecklicher, wenn dies überhaupt möglich ist. Mir tut es auch leid für meine Stadt, denn das Ensetzen wird durch das Fehlen jeglicher Menschlichkeit von Seiten der kommunalen Politik und der Veranstalter größer. Ich kann dieses Verhalten einfach nicht verstehen und akzeptieren.
„Kommunal“ meinte ich.
Duisburgs Oberbürgermeister Sauerland ist ein Dickkopf, der sich nicht vom Platz rührt. Ich fürchte, den muss man aus dem Rathaus tragen.
Einzig Fritz Pleitgen, der als Geschäftsführer der Ruhr 2010 nur indirekt mit der Loveparade in Verbindung stand, hat sich korrekt verhalten.