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Die wir riefen, die Geister …

… werden wir nun nicht los. – Bei Goethe kommt dem Zauberlehrling noch sein Meister zur Hilfe. Walt Disney war 1957 ganz besonders dem Zukunftsoptimismus erlegen, der so typisch war für diese Zeit. Wer schon einmal wie ich Disneyworld in Florida besucht und sich dort das Carousel Of Progress angesehen hat, weiß, dass Disney sich fast ausschließlich auf die positiven Seiten der technischen Entwicklung konzentriert hat. Gesellschaftliche Veränderungen wie etwa Emanzipation hatte er gar nicht einkalkuliert. Und so schwingt auch in Zukunft ausschließlich die Frau bei Disney das Bügeleisen. Nur dass sie dann nicht mehr mit Hitze die Kleidung glättet, sondern per Ionenbeschuss.

Dass wir im März 2011 keine so gute Freundschaft mehr zum Atom pflegen, würde Disney vielleicht in Erstaunen versetzen. Doch bei Atomkraft handelt es sich wie beim Besen des Zauberlehrlings um eine Kraft, die wir nicht kontrollieren können. Ein merkwürdiges Überbleibsel der Zeit der Technikoptimisten ist der Film Unser Freund, das Atom bzw. Our Friend the Atom von 1957. Falls Ihr Euch beim Anblick von atomgetriebenen Flugzeugen die Augen reibt: Das hat es zum Glück nie gegeben. Aber wie weit sind wir von Disneys Denkweise wirklich entfernt? Wäre es überhaupt möglich, Atomkraft zu nutzen, wenn wir nicht bis in unsere Zeit hinein Technikoptimisten geblieben wären?

Es tut mir sehr leid, dass Japan unter einem so schweren Erdbeben gelitten hat und nun die Folgen unabsehbar sind – gerade in Hinblick auf die Atomkraftwerke an der japanischen Küste.

Oben seht Ihr den Schlussteil aus Disneys Film Our Friend the Atom. Aktualisiserung vom 25.03.2011: Disney hat das Video wegen Copyrightverletzung aus Youtube entfernen lassen.

Mobilée beim Köstritzer Echolot

Insgesamt elf Bands nehmen am Vorentscheid für den Köstritzer Echolot teil, darunter auch die Duisburger Mobilée. Die sechs Musiker treten heute mit einem eigenen Konzert fürs Halbfinale an. Am 5. März 2011 um 20 Uhr präsentieren Mobilée in der Aula des Krupp-Gymnasiums in Duisburg-Rheinhausen ihre Songs. Karten gibt es an der Abendkasse für 7 Euro. Zeitgleich finden zehn weitere Konzerte der anderen Halbfinalsten in verschiedenen deutschen Städten statt. Alles wird als virtuelles Festival ins Internet gestreamt und dann dürfen wir unsere Favoriten wählen. Aus den fünf Finalisten sucht eine Jury den Sieger für einen Auftritt bei der Afterschow der Echo-Preisverleihung aus.

Das Video mit Musik von Mobilée gibt es unten nach dem Klick …

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Mit John Galliano in der Bar

Antisemitsche Äußerungen John Gallianos

Kein Wunder, dass John Galliano ganz allein mit seinem Drink am Tisch sitzen muss. Wer könnte es besser mit so viel Charme aushalten, als ein Whisky, Cognac oder was auch immer John als Abendgesellschaft gewählt hat. Jedenfalls scheint ihm ansonsten keiner würdig zu sein. Sonst würde er andere nicht so wüst beschimpfen. Erst kürzlich fiel Galliano durch antisemitische Äußerungen auf und kassierte sogleich eine Suspendierung seines Arbeitgebers Dior. Was hat Mode mit politischer und gesellschaftlicher Einstellung zu tun? Sehr viel, wenn man als großes Unternehmen Couture in alle Welt verkaufen möchte. Denn zum Glück schielt das wachsame Auge der Internetgemeinde auf Prominente wie Galliano.

Seine Äußerungen wie in diesem Video entlocken uns viel mehr als ein unaufgeregtes Hüsteln. Selten ist mir ein Mensch so unsympathisch aufgestoßen wie John Galliano. Seine Mode ist klasse, keine Frage. Aber auch hier bin ich nicht bereit, das eine gegen das andere aufzuwiegen. Hoffen wir nur, dass die Öffentlichkeit nicht wieder so vergesslich ist und morgen schon den Modedesigner fest an ihr mediales Herz drückt, so wie Jessie von Les Mads es befürchtet.

Bye bye, Theodor

Zum Abschied von Karl-Theodor zu Guttenberg

Da geht er, der bestangezogene Minister im deutschen Kabinett, Karl-Theodor zu Guttenberg. Auch Modeblogger messen immer noch einen Menschen an seinen Wertvorstellungen. Dabei ist es völlig egal, dass ihm von allen Ministern Anzüge am besten stehen, er stets die hübschesten Krawatten trägt und neben seiner schönen Ehefrau so nett lächeln kann. Aussehen bedeutet viel, aber eben nicht alles. Karl-Theodor zu Guttenberg gehört neutral betrachtet zu einer Minderheit, die es leichter als ein Herr Waigel oder eine Frau Merkel hat.

Karriere mit adrettem Äußeren

In den USA hat man den Vorteil eines adretten Äußeren in Politik und Wirtschaft schon vor den Deutschen erkannt und beschäftigt dort Heerscharen von Stylisten und Imageberatern. In einer Langzeitstudie ab 1995 befragten Wissenschaftler der University of Florida Frauen und Männer zwischen 25 und 65 Jahren zu ihrer beruflichen und persönlichen Situation. Zu diesen Daten klassifizierten die Wissenschaftler die Befragten in unterschiedliche Attraktivitätsgrade. Es zeigte sich tatsächlich eine Korrelation zwischen Attraktivität und Einkommen. Gutes Aussehen hebt nicht automatisch das Einkommen, aber zumindest das Selbstbewusstsein. Wer sich selbst schätzt, kann mehr Anerkennung von anderen fordern.

Der verlorene Attraktivitätsbonus

Dieser Attraktivitätsbonus mag auch Karl-Theodor zu Guttenberg sehr genutzt haben beim Start aus dem Nichts heraus in eine erfolgreiche Politikerkarriere. Aber überstrapazieren sollte man solche Umstände nicht. Irgendwann wiegen farblich bestens abgestimmte Accessoires und gut sitzende Anzüge keine Unehrlichkeit mehr auf. Jetzt dürfen wir uns mit den T-Shirts von Mägde und Knechte hübsch machen, uns kaputt lachen, weil wir vielleicht weniger schicke Sachen im Schrank hängen haben, dafür aber eine weiße Weste.

Danke an Horston für den Tipp.

Foto: Mägde und Knechte

Fashion-Café presented by Nokia

Modell Anette in einem Kleid von Anastasia Janz

Event für Nachwuchsdesigner

Hell beleuchtet ist am Freitagabend das Fashioncafé in der Düsseldorfer Lorettostraße. Hier in der Nähe des Medienhafens präsentiert der Handyhersteller Nokia junge Nachwuchsdesigner im Rahmen der Vorstellung des neuen Nokia C7. Über 100 Talente hatten sich für einen der Veranstaltungsorte in Berlin, München und Düsseldorf beworben. Anastasia Janz und Irene Luft gehören zu den 35 Auserwählten, die ihre Mode hier zeigen dürfen. Klicken und Blitzen ist zu sehen. Der Fotograf Yves Borgwardt ist gerade dabei, Model Annette abzulichten. Nachdem mir Jacke abgenommen und rote Beerenlimonade gereicht wurde, darf ich mich zunächst mit Anastasia unterhalten.

Anastasia Janz
Nokia Fashion-Café Düsseldorf: Designerin Anastasia Janz
Die 27-Jährige mit langem, nussbraunem Haar hat an der AMD in Düsseldorf Modedesign studiert und bringt seit 2008 eigene Kollektionen heraus. Freundlich beginnt sie wie ein Wasserfall zu reden, erzählt von ihrem Spaß an extravaganten Outfits, die sie für Bühnenstars und Shows entwirft. Und tatsächlich sind viele Stücke ihrer Kollektion aufregend – nicht nur im Schnitt, sondern auch bei der Wahl der Materialien setzt die junge Designerin auf Spannung. Da kombiniert Anastasia weiches Kaschmir mit Leder, Wollstoffen verleiht sie durch Taftröcke Standfestigkeit.

Nokia Fashion-Café Düsseldorf: Designerin Anastasia Janz mit einem Rock aus ihrer Kollektion
Überhaupt werden die Teile gerne übereinander getragen, ergänzen sich und verleihen sich gegenseitig Ausdruckskraft.
Eleganz mit einem Hauch Fantasy: Anastasia Janz Kollektion verbindet sehr unterschiedliche Stile
Anastasias Entwürfe sieht man bei Werbeshootings für Kosmetik- oder Schulabels, auf der Bühne, aber auch privat. Viele Stücke punkten mit raffinierten Details, die sie auch fürs Leben außerhalb von Show und Red Carpet passend machen. Auf Eleganz setzt ihre Kollegin Irene Luft, deren Mode als nächstes geshootet werden soll.

Irene Luft

Irene ist vollbepackt aus München angereist und bereitet noch für einen Moment ihr Model Lina vor. Schließlich hat man sich erst hier vor Ort gegroffen und Lina muss geschminkt und gestylt werden. Jeder Modedesigner hat sein eigenes Model, das von den beiden Fotografen des Nokia-Fashion-Cafés Jonas Lindström und Yves Borgwardt in Szene gesetzt wird. Später sitze ich mit Irene auf Stühlen vor dem Spiegel der Visagistin und schaue mir ihr Lookbook an. Nokia Fashion-Café Düsseldorf: Irene Luft zeigt mir ihr Lookbook
Irenes Kollektion gibt es bereits zu kaufen. Für Winter 2011/2012 hat sie sich für gedeckte Farben entschieden und mir fallen die weichen Strickpullover besonders ins Auge. „Handgestrickt“, wie Irene betont. Überhaupt mag ich die Kleinigkeiten, die ihren Oberteile und Hosen einen Touch Extravaganz verleihen – die klassisch geschnittene Bluse mit langen Bändern an den Ärmeln oder das kleine Schwarze mit schmalem Schlitz im Oberteil. Seit 2009 entwirft Irene ihre eigenen Kollektionen und eigentlich würde sie diese auch immer selbst tragen, nur zurzeit nicht, da sie aus Größe 36 rausgewachsen ist. Ich seufze und starre auf meinen Kugelbauch, der bis vor kurzem ebenfalls noch klein war. Dann kommt die Visagistin und bittet uns, für Model Lina von den Stühlen aufzustehen.

Lina trägt beim ersten Shoot kuschelweichen Strick zu halterlosen Strümpfen – sehr gewagt. Ich muss über Yves Anweisung „ein bisschen schlampig, aber bitte nicht vulgär“, lachen. Später ist ein Paillettenkleid dran – ein Traum von einem Cocktailkleid.Nokia Fashion-Café Düsseldorf: Modell Lina in einem Paillettenkleid von Irene LuftIch finde es ungemein entspannend, auf der Treppe zum Obergeschoss zu sitzen und zu beobachten, wie Fotograf Yves dem Model immer neue Posen diktiert, teils so waghalsig, dass sie droht dabei umzukippen. An diesem Abend habe ich recht viel rote Beerenlimonade genippt, habe gelernt, dass man auf Fotos besser aussieht, wenn man unbequem steht und wie wichtig Veranstaltungen wie das Nokia-Fashion-Café für junge Modedesigner sind, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Wir verändern uns alle?

Neuer Zalando-Werbespot mit echtem Langhans

„Erst blechen, dann sprechen“, schrie es von einem Schild allen Journalisten entgegen, die Ende der 1960er Jahre den Flur der Kommune 1 betraten. Selbstredend waren die Mitglieder der Skandal-WG von Rainer Langhans und Dieter Kunzelmann gegen Konsum. Nicht etwa, weil sie dem schnöden Mammon entsagt hätten. Diesem Ideal entsprach nur der eigentliche Kommune-1-Gründer Kunzelmann. Die Konsumkritik reihte sich eher nahtlos an andere Ideen der Gemeinschaft und passte irgendwie zum Image. Tatsächlich gelebt wurde nicht danach. Langhans war sich schon damals nicht zu schade, Geld für Interviews und Fotos zu nehmen. Schließlich möchte es auch ein Kommunarde warm haben, essen und ab und an mal in den ayurvedischen Urlaub nach Indien jetten.

Generationenkonflikt

Welche Ideale lebte die Kommune 1 tatsächlich? Genauso wie andere 68er sahen sich Langhans & Co. mit der älteren Generation konfrontiert, einer Gesellschaft, die in ihrer Jugend sauber gescheitelt mit erhobenem Arm irgendwelchen Fahnen hinterher marschierte und ihre Weltordnung klammheimlich bis in die 60er Jahre hinein gerettet hatte. Zwar war man jetzt demokratisch, aber hinter den Ohren fand sich noch mancherlei brauner Dreck. Um sich dem entgegenzustellen, suchte die Kommune nach neuen Lebensformen und fand sie in einer Gemeinschaft außerhalb der klassischen Familie – laut Kommunarden der Keimzelle des Nationalsozialismus.

Selbe Idee seit über 40 Jahren

Reiner Langhans bleibt sich bis heute selbst treu, wenn er keine klassische Ehe führt, sondern gleich mit zwei Frauen Bett und Tisch teilt. Und das zu einer Zeit, in der laut Spiegel 70 Prozent der Menschen zwischen 20 und 25 Jahren planen, eines Tages zu heiraten. Wenn Rainer Langhans seinem jungen Alter Ego entgegenruft „wir verändern uns alle“, dann runzel ich die Stirn, denn genau auf ihn lässt sich diese Aussage nicht anwenden. Sonst würde er sich nicht bis heute gegen Geld in den Medien exponieren, durch den Dschungel robben und für den Onlineversand Zalando Werbespots drehen.

Klassischer Schuhkauf versus Onlineshopping

Seitens Zalando ist die Gegenüberstellung im Werbespot gelungen: hier der junge Langhans, der vorgibt gegen Konsum zu sein, und dort der moderne, der Gefallen an schönen Schuhen findet. Genauso findet sich dieser Gegensatz im klassischen Schuhkauf im Geschäft versus Onlineshopping. Langhans bleibt trotzdem für mich ein Überbleibsel einer vergangenen Epoche, die ich nicht miterlebt habe – da kann er noch so lange chatten, twittern oder Sackway im Kreis fahren. Ein hübsches, neues Paar Schuhe würde mich eher zum Schreien bringen …