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Danzig und Umgebung

Meinen beiden Großmüttern verdanke ich zwei Eigenschaften, die sich oft gegenseitig im Wege stehen: die Liebe zu gutem Essen und zu einer sportlichen Figur. Während meine südamerikanische Großmutter weniger selbst kochte, war die andere passionierte Löffelschwingerin. Sie stammte aus der Kaschubei, der Küstenregion nördlich von Danzig, wo es zum guten Ton gehört, Gästen jeden Abend mindestens Vorsuppe, Hauptgericht und Nachtisch vorzusetzen. Zu jedem Essen werden eingelegte Gurken gereicht, mal salzig, mal süß oder sauer. Da jede dieser Gurken nur etwa zwei Kalorien aufbringt, habe ich während meines Urlaubs einen halben Vorratskeller Gurkengläser leer gegessen. Wegen des Hochwassers nach starken Regenfällen stand eben jener Vorratskeller unter Wasser und für jedes Gurkenglas mussten meine geduldigen Gastgeber in Gummistiefeln bis zum Regal waten. Ihr Bemühen belohnte ich mit pantomimischen Darstellungen meiner Begeisterung für das Essen. Aber viele sprachen auch ausgezeichnet Deutsch. Es ist wunderschön in fast jeder Ecke der Welt Verwandte zu haben.

Fotos: Patricia Guzman / Lifestyle Bunny

Bin wieder da …

Zurück aus dem Urlaub. Ich war an der polnischen Ostseeküste. Genauer gesagt auf der Halbinsel Hel, die sich wie eine kleine Barriere als schmaler Landstreifen vor die Küste schiebt. An einigen Stellen ist sie so schmal, dass ich das Gefühl hatte, ich könne die linke Hand am südlichen Ufer ins Meer tauchen, während ich mit der rechten Hand nördlich im Wasser plansche. Es hat gut getan, sich den Kopf ein wenig durchpusten zu lassen, zum Beispiel auf diesem windigen Seesteg. Jetzt ist mein Hirn wieder frei für Neues.

Foto: Patricia Guzman / Lifestyle Bunny

Geerbtes Schätzchen

Eine Reisetasche von Louis Vuitton mit Geschichte

Diese Louis Vuitton-Reisetasche hat mir eine ältere Freundin meiner Familie zusammen mit zahlreichen Reiseberichten vererbt. Ich bekam von Orten zu hören, die mir völlig fremd sind: Golfplatztour durch Norditalien wo leider die Luxuslimousine abhandengekommen ist. Oder Silvesterpartys in illustrer Runde in St.Moritz. Ein bisschen fühlt es sich wie das Blättern in der Regenbogenpresse an, wenn diese Freundin von früher erzählt.

Ihre Tasche scheint die großen Tage, die sie gemeinsam an allen möglichen Orten der Welt erlebt haben, ebenfalls nicht vergessen zu haben. Für mich strahlt sie einen Hauch Jetset aus und ich stelle mir vor, wie die Louis Vuitton beim Einchecken in der Lobby des New Yorker Ritz-Carlton gestanden hat. Heute begleitet sie mich auf meinen Reisen in der Economy Class und ins Hostel und macht dabei eine nicht weniger würdevolle Figur. Zunächst wollte ich eigentlich auf die Louis Vuitton-Tasche verzichten, aber mir glaubt eh keiner, dass es sich dabei nicht um ein Fake handelt. Dann darf ich auch Taschen, die über und über mit Logo bedeckt sind, haben. Es war also Liebe auf den zweiten Blick.

Badezimmer

Vor und am zweiten Maiwochenende bin ich wieder in München gewesen. Mich hat das Hotelbadezimmer fasziniert. Fürs heimische Nass ist die hochglänzende Dunkelheit wohl nicht geeignet – zumindest nicht für mich. Denn jeder Tropfen Wasser verewigt sich bis zum nächsten Putzen auf den spiegelglatten Oberflächen. Und ich vermute, dass solch ein Bad keine Scheuermittel verträgt. Es empfiehlt sich ein mit weichem Mikrofasertuch bewaffneter Kammerdiener. Solange ich den nicht habe, werde ich mich weiterhin in meinem in Nachkriegsgelb gekachelten Bad duschen müssen.

Foto: Lifestyle Bunny / Patricia Guzman im Eurostars Grand Central, München

Die neue Offenheit

Loft-Hotelzimmer

Das Leben im Loft gilt als modern, doch nicht jeder teilt gerne Intimität. Meine Schwester hat einige Tage in Berlin verbracht und fand sich in diesem Hotelzimmer wieder. Nur eine Glasscheibe trennt das Badezimmer ab. Unvermeidbar scheint der wenig lustvolle Blick auf den vor Zahnpasta schäumenden Mund des Liebsten oder auf die sich epilierende Herzensdame. Schlimmer noch, wenn man sich das Hotelzimmer mit einem fast unbekannten Reisebegleiter teilt. Ich liebe Wände.

Schloss auf Rädern

Wohnwagen-Hotel_2

Auf den letzten Metern meines Schulwegs habe ich als Kind immer die Augen fest zugekniffen und sie erst wieder geöffnet, wenn ich vor unserem Haus stand. Ich hoffte damals, dass sich unser Haus in ein Schloss, einen Bauernhof oder Zirkuswagen verwandeln würde, wenn ich es mir mit geschlossenen Augen genug wünschen würde. Ich fürchte, ich habe mich nicht genug angestrengt, denn unser Haus blieb, wie es war. Verhinderte Zirkus-Ballerinas, Feen und Clowns mag das Angebot reizen, in einem Wagen zu wohnen, wie ihn früher Roma und Sinti nutzten. Pascaline und Pascal Patin bieten in den französischen Alpen Übernachtungen in alten Wohnwagen an. Für 50, 55 oder 60 Euro darf man sich in einem der drei Wagen betten. Die Raritäten auf Rädern sind zwischen 60 und 90 Jahre alt und ein Hauch der weiten Welt durchweht sie immer noch. Auch, wenn sie sich längst nicht mehr bewegen, für Träumer wie mich können sie Zirkuswagen oder Schloss auf Rädern sein.

Wohnwagen-Hotel_3

Eure Übernachtung in diesem ungewöhnlichen Hotel könnt Ihr hier buchen.

Fotos: Les Roulettes de la Serve